Der Weyer-Bau Der Weyer-Bau
Quelle: VG Köln

Am 6. November 1826 wurde das erste Gerichtsgebäude am Appellhofplatz seiner Bestimmung übergeben. Es beherbergte mit Ausnahme der Friedensgerichte, aus denen später die Amtsgerichte hervorgegangen sind, sämtliche Kölner Gerichte einschließlich Generalstaatsanwaltschaft und Staatsanwaltschaft.

Berühmt wurde das Gebäude durch den preußischen Appellationsgerichtshof der Rheinlande, dessen Gerichtsbezirk sich von Kleve bis Saarbrücken erstreckte und der die oberste Instanz für das in den Rheinlanden nach Beendigung der französischen Besetzung fortgeltende französische Recht darstellte.

Im Rheinland galten im Gegensatz zum sonstigen Preußen sämtliche fünf Gesetzbücher Napoleons, darunter der Code civil, fort. Diese Gesetzeswerke waren wesentlich fortschrittlicher als das zur damaligen Zeit in Preußen geltende Recht und enthielten u.a. heute so selbstverständliche Grundsätze wie die Mitwirkung von Laien an der Strafrechtspflege, die Mündlichkeit und Öffentlichkeit der Verhandlungen, die Festschreibung der richterlichen Unabhängigkeit, die Rechtsgleichheit aller Bürger vor dem Gesetz, die Trennung von Anklagebehörde und Gericht sowie den gesetzlichen Schutz von Ehre, Leben und Eigentum.

Im Volksmund wurde das Gebäude nach dem Appellationsgerichtshof schon bald "Appellhof" genannt; auch der Name des nach Süden gelegenen Platzes leitet sich hiervon ab.

Für den Sitz des preußischen Appellationsgerichtshofes in Köln hatte sich die Stadt Köln nachdrücklich eingesetzt; er war die einzige wichtige Behörde der preußischen Rheinprovinz, die auf Dauer in Köln verblieb. Die Stadt Köln stellte nicht nur das Grundstück zur Verfügung, sondern übernahm auch einen wesentlichen Teil der Baukosten.

Fassade Burgmauer (um 1900) Fassade Burgmauer (um 1900)
Quelle: VG Köln

Der Bau selbst wurde nach den Plänen des Kölner Stadtbaurats Johann Peter Weyer ab 1823 errichtet. Infolge der starken Zunahme der Kölner Bevölkerung im 19. Jahrhundert und des hierdurch mitbedingten Anwachsens der Kölner Gerichte erwies er sich jedoch schon bald als zu klein, so dass zahlreiche Anmietungen erforderlich wurden.

1879 traten die Reichsjustizgesetze, darunter die Zivilprozessordnung, die Strafprozessordnung und das Gerichtsverfassungsgesetz in Kraft. Aus den Friedensgerichten wurden die Amtsgerichte, aus dem Appellationsgerichtshof das Oberlandesgericht. Für das letztere entstand 1884 bis 1887 unter teilweiser Niederlegung des Weyer-Baus im Norden zur Burgmauer hin ein im Stile norddeutscher Renaissance errichteter Neubau nach den Plänen des Regierungsbaumeisters Paul Thoemer.

Fassade Appellhof Fassade Appellhof (um 1900)
Quelle: VG Köln

Schon vor der Einweihung dieses Erweiterungsbaus im Norden im September 1887 fiel die Entscheidung, den Weyer-Bau, der seit jeher zahlreiche bauliche Mängel aufwies, vollständig niederzulegen und durch einen Neubau auch nach Süden hin zu ersetzen. Die Planung für diesen südlichen Gebäudeteil zum Appellhofplatz hin, stammte von Thoemer, diesmal aber zusammen mit Mönnich. Er entstand in den Jahren 1888 bis 1893.

Mit eigenen Zuschauereingängen, einem besonderen Treppensystem für die Vorführung der Strafgefangenen und einer als Wandelhalle für das Publikum und die im Gericht Tätigen gestalteten großen Eingangshalle wurde der für damalige Verhältnisse auch in technischer Hinsicht ausgesprochen modern ausgestattete Bau zum Vorbild für zahlreiche Gerichtsbauten in Deutschland.

Galerie in der Bibliothek Galerie im ehemaligen Schwurgerichtssaal
heute Bibliothek
Quelle: VG Köln

Die Zielvorstellung, sämtliche Kölner Gerichte in einem Gebäude unterzubringen, konnte allerdings nur kurze Zeit verwirklicht werden. Trotz der Gründung eines zweiten Oberlandesgerichts in Düsseldorf reichte der Platz schon bald für die Unterbringung aller Gerichte nicht mehr aus; in den Jahren 1907 bis 1911 wurde deshalb nach den Plänen von Thoemer und Ahrns am Reichenspergerplatz der neo-barocke Justizpalast errichtet. Nach seiner Fertigstellung verblieb am Appellhofplatz für lange Jahre nur noch die Strafjustiz.

In den 20er und 30er Jahren des 20. Jahrhunderts fanden hier viele spektakuläre Mordprozesse statt. Von der Galerie des Schwurgerichtssaales aus

Treppenhaus mit Säulen Treppenhaus mit Säulen
Quelle: VG Köln

verfolgten im Sommer 1933 der Gauleiter, der Oberbürgermeister und der Polizeipräsident den Prozess gegen 17 Kölner Kommunisten, die beschuldigt wurden, zwei SA-Männer ermordet zu haben. Sechs der Angeklagten wurden zum Tode verurteilt und wenig später hingerichtet.

Während des Nationalsozialismus tagten im Appellhof auch Sondergerichte, die mindestens 123 Todesurteile fällten.

Bei den Bombenangriffen auf Köln wurde im 2. Weltkrieg auch der Appellhof schwer beschädigt. Der Nordtrakt wurde fast vollständig zerstört, nur Teile der aufwändig gestalteten Treppenhäuser

und der Fassaden blieben erhalten. Der Wiederaufbau des Gebäudes in den 50er Jahren erfolgte in stark vereinfachter Form, wobei der zum Teil erhalten gebliebene figürliche Schmuck der Fassaden ebenso wie Architekturdetails bewusst entfernt wurden

Am 7. Mai 1949 wurde das letzte Todesurteil im Appellhof gesprochen; es wurde nicht mehr - wie zahlreiche zuvor - im Klingelpütz vollstreckt, da am Tage darauf das Grundgesetz verabschiedet wurde, das die Todesstrafe abschaffte.

Auch in den folgenden Jahren fanden hier zahlreiche bedeutende Strafprozesse, darunter der Herstattprozess, statt.
1980 zog die Strafgerichtsbarkeit in das Hochhaus an der Luxemburger Straße um. Wesentliche Teile des Gebäudes wurden vom Verwaltungsgericht Köln und von zwei Senaten des Finanzgerichts Köln bezogen.
Der Appellhof befand sich zu diesem Zeitpunkt in einem völlig heruntergekommenen Zustand.
Ab 1988 wurde das Gebäude daher unter möglichster Schonung der alten Bausubstanz grundlegend saniert.

Der Innenhof mit den verglasten Anbauten Der Innenhof mit den
verglasten Anbauten
Quelle: VG Köln

Außerdem wurden im Innenhof zwei verglaste Flügel angebaut.
Der Gerichtsbetrieb des Verwaltungsgerichts wurde - soweit dies die Umstände zuließen - aufrecht erhalten. Nach der Fertigstellung zogen auch weitere Senate des Finanzgerichts Köln in das renovierte Gebäude ein.

Am 5. November 2001 wurden in Anwesenheit des Justizministers des Landes Nordrhein-Westfalen, des Oberbürgermeisters der Stadt Köln und zahlreicher weiterer Gäste 175 Jahre Rechtsprechung am Appellhofplatz mit einem Festakt gefeiert.