Die Polizei in Köln muss die Videoüberwachung des Breslauer Platzes bis zur Entscheidung über die Klage eines Bürgers einstellen. Dies hat das Verwaltungsgericht Köln mit heute den Beteiligten bekannt gegebenem Beschluss entschieden und damit einem Eilantrag stattgegeben.

Anlässlich der Vorkommnisse in der Kölner Silvesternacht 2015/2016 überwacht die Polizei mit fest installierten Videokameras seit 2017 Bereiche vor dem Hauptbahnhof und dem Dom sowie die Kölner Ringe. Seit 2019 wurde die Videoüberwachung auf weitere öffentliche Bereiche ausgeweitet (Neumarkt, Ebertplatz, Breslauer Platz, Wiener Platz). Dies wird damit begründet, dass es sich um Kriminalitätsschwerpunkte handele und nur mit der Beobachtung durch die Kameras und die Videoaufzeichnungen Straftaten effektiv verhindert werden könnten.

Hiergegen wendet sich ein Kölner Bürger seit längerem mit mehreren Klagen und Eilanträgen. Zwischenzeitlich zusätzlich gestellte Anträge mit dem Ziel, die Videoüberwachung der Bereiche am Neumarkt, Ebertplatz und Breslauer Platz während des „Corona-Lockdown-Light“  vorübergehend untersagen zu lassen, hatte das Gericht mit drei Beschlüssen vom 10. Dezember 2020 abgelehnt (vgl. https://www.vg-koeln.nrw.de/behoerde/presse/Pressemitteilungen/Archiv/2020/47_201210/index.php).

Hinsichtlich des Breslauer Platzes hatte der Antragsteller, der sich dort regelmäßig aufhält, mit seinem nunmehr entschiedenen Eilantrag beantragt, der Polizei bis zum Abschluss des Klageverfahrens (Az.: 20 K6706/20) untersagen zu lassen, den Bereich des Breslauer Platzes mittels Videokameras zu beobachten und Bildaufzeichnungen zu fertigen und zu speichern. Dies verletze ihn in seinem Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung.

Dieser Eilantrag hatte vor dem Verwaltungsgericht Köln Erfolg. Zur Begründung hat das Gericht ausgeführt, dass die Voraussetzungen des Polizeigesetzes NRW für die angegriffene Videoüberwachung am Breslauer Platz und die Speicherung der Aufnahmen nicht vorlägen, weil es sich nicht um einen „Kriminalitätsbrennpunkt“ handele. Die Polizei dürfe einen öffentlich zugänglichen Ort nur dann mittels Bildübertragung beobachten und die übertragenen Bilder aufzeichnen, wenn dort signifikant viele Straftaten aus dem Bereich der Straßenkriminalität begangen worden und zu erwarten seien. Ein Vergleich der verfügbaren Zahlen zur Straßenkriminalität am Breslauer Platz insbesondere in den Jahren 2019 und 2020 mit der Straßenkriminalität im übrigen Stadtgebiet zeige jedoch, dass im Bereich des Breslauer Platzes nur 0,2 Prozent aller derartigen Delikte im Kölner Stadtgebiet begangen worden seien. Entgegen der Ansicht der Polizei sei der Breslauer Platz sowohl geographisch als auch nach seinem Platzcharakter dabei isoliert und nicht etwa als Teil der ebenfalls videoüberwachten Bereiche auf der anderen Seite des Hauptbahnhofs, der Dom-Platte und um den Dom herum zu betrachten. Es bestünden zudem Zweifel an der Verhältnismäßigkeit der Videoüberwachung des Breslauers Platzes. Die Straßenkriminalität sei dort seit 2015 um ca. 50 Prozent gesunken; außerdem spreche Vieles dafür, dass die sich auf dem Breslauer Platz befindende Wache der Bundespolizei eine hinreichend abschreckende Wirkung auf potentielle Straftäterinnen und Straftäter entfalte.

Gegen den Beschluss können die Beteiligten Beschwerde einlegen, über die das Oberverwaltungsgericht in Münster entscheiden würde.

 

Az.: 20 L 2340/19

 

Hinweis: Hinsichtlich der Videoüberwachung in Köln sind bei dem Gericht weitere Klage- und Eilverfahren betreffend die Bereiche Ebertplatz (Az.: 20 K 6707/20 und 20 L 2343/20), Neumarkt (Az.: 20 K 6708/20 und 20 L 2344/20), Dom/Hauptbahnhof (Az.: 20 K 4855/18), Ringe (Az.: 20 K 6705/20) und Wiener Platz (Az.: 20 K 6709/20) anhängig.