Das generelle Verbot des Erwerbs von Betäubungsmitteln zur Selbsttötung ist nach Überzeugung der 7. Kammer des Verwaltungsgerichts Köln nicht mit dem Grundgesetz vereinbar. Sie hat daher mit Beschlüssen vom heutigen Tag sechs Klageverfahren ausgesetzt und die einschlägigen Vorschriften des Betäubungsmittelgesetzes dem Bundesverfassungsgericht vorgelegt.

Die Kläger der zugrundeliegenden Verfahren leiden an gravierenden Erkrankungen und deren Folgen. Sie begehren unter Berufung auf ein Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 2.3.2017 – 3 C 19.15 – vom Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) in Bonn die Erlaubnis zum Erwerb einer tödlichen Dosis Natrium-Pentobarbital zur Selbsttötung. Das Bundesverwaltungsgericht hatte die einschlägige Versagungsnorm des § 3 Abs. 1 i.V.m. § 5 Abs. 1 Nr. 6 des Betäubungsmittelgesetzes (BtMG) im Lichte des Allgemeinen Persönlichkeitsrechts und des Gebots der Menschenwürde dahingehend ausgelegt, dass der Erwerb des Tötungsmittels ausnahmsweise erlaubt sei. Voraussetzung sei, dass sich der suizidwillige Erwerber wegen einer schweren und unheilbaren Erkrankung mit gravierenden körperlichen Leiden in einer extremen Notlage befinde, er entscheidungsfähig sei und eine andere zumutbare Möglichkeit zur Verwirklichung des Sterbewunsches nicht zur Verfügung stehe. Das BfArM hatte die Anträge der Kläger auf Erteilung einer Erwerbserlaubnis abgelehnt. Dagegen richten sich die Klagen.

Die Kammer ist der Überzeugung, dass ein generelles Verbot des Erwerbs auch für schwerkranke Menschen in einer existenziellen Notlage nicht mit dem Grundgesetz vereinbar ist. Die staatliche Schutzpflicht für das Leben könne in begründeten Einzelfällen hinter das Recht des Einzelnen auf einen frei verantworteten Suizid zurücktreten.

Sie sah jedoch – anders als das Bundesverwaltungsgericht – keine Möglichkeit, dem durch eine verfassungskonforme Auslegung der Versagungsnorm zu entsprechen. Es sei von dem Willen des Gesetzgebers auszugehen, den Erwerb für Selbsttötungszwecke im BtMG generell auszuschließen. Da sich das Verwaltungsgericht über diese gesetzgeberische Entscheidung nicht hinwegsetzen dürfe, müsse eine Klärung der Verfassungsmäßigkeit der Norm durch das Bundesverfassungsgericht erfolgen.


Az.:
7 K 8461/18,
7 K 13803/17,
7 K 14642/17,
7 K 8560/18,
7 K 1410/18,
7 K 583/19.